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Die
Jagd nach Schatten ist die besondere Neigung von Victor von Brauchitsch.
Es sind Schattenspiele und Schattenexistenzen, die seine Fotografien
beleben, es sind steingewordene Erinnerungen vor den flirrenden
Silhouetten der Natur, Werke verstorbener Künstler, aufgebahrt
in sterilen Museumshallen, es sind weissgetünchte Barrieren
in schwarzem Niemandsland, an deren Sinn sich keiner mehr erinnert.
Licht braucht der Fotograf nur, um das Dunkel sichtbar zu machen,
ein Dunkel, das jedoch ausgesprochen facettenreich sein kann. Das
Wehmütige grenzt hier an das Abgründige, das Ironische
an das Morbide - und bei aller Strenge und Statik der Bilder verbünden
sich die Elemente der Finsternis zu eindrucksvoller Vitalität.
In "Teguise" etwa, einem verschlafenen Städtchen
auf Lanzarote, deutet alles darauf hin, dass Gott die Szene lange
schon geräumt hat. Sein Altar ist leer, die Nischen sind verwaist
und doch geht, als würde sich das Bibelwort an diesem vergessenen
Ort noch einmal erfüllen, ein Riss durch den Vorhang des Tempels,
wie einst beim Martyrium des Herrn. Doch diesmal wartet hinter dem
Vorhang nicht die Erlösung der Menschheit, sondern nur wieder
neue Dunkelheit.
Victor von Brauchitsch durchstöbert die Un-Orte Europas, kühlt
die Emotionen tief und verbannt die Zeit aus seinen Bildern. Leben
ist hier Täuschung, wie der Schattenflug eines Vogels, und
die Spanne der Existenz zerfällt in Augenblicke, die letztlich
immer wieder von unaufhaltsamer Langsamkeit und lautlosem Vergehen
berichten.
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